Im Krankenhaus Frankreich…

…liege ich gerade. Und es wundert mich nicht, dass auch Frankreichs Krankenkassen Milliardendefizite aufweisen.

Der Tag fängt schon gut an: „Rufen Sie mich bitte so schnell wie möglich zurück!“ sagt die Stimme auf meinem Handy-AB. Es ist die meiner persönlichen Beraterin bei der französischen Bank meines Vertrauens. Jemand hat sich in mein Online-Konto eingehackt, denke ich daraufhin panisch, oder ich hab nicht genug Geld auf meinem Konto für den Scheck, den ich meiner Schule ausgestellt hab.

Doch Pustekuchen, stelle ich fest, nachdem ich nach drei vergeblichen – und teuren – Anrufen meine Lieblingsberaterin endlich am Telefon hab: „Öh, ich wollte nur mal einen persönlichen Termin mit Ihnen ausmachen“, säuselt die ins Telefon, „um Ihre Daten in unserem System upzudaten … und so weiter …“ Toll, denke ich, soviel Stress für ein Verkaufsgespräch.

Ich verschiebe das Treffen auf den nächsten Monat, schlurfe vor mich hin schimpfend in die Küche und drücke auf den Knopf des Wasserkochers – beziehungsweise ich versuche, auf den Knopf zu drücken, verfehle ihn jedoch, stoße aus Versehen den Wasserkocher um, der daraufhin streng nach Murphys Gesetz falschherum in Richtung Erde fällt: circa ein Liter (zum Glück kaltes) Wasser ergießt sich über mein Hosenbein und den Küchenfußboden.

Stoisch wische ich alles auf, hänge meine Hausschuhe über die Heizung und wringe mein Schlafanzug-Hosenbein aus so gut es geht.

Dann fällt mein Blick auf den Zettel, den meine Mitbewohnerin auf dem Küchentisch hinterlassen hat: „Lisa, Du hast die ganze Nacht gehustet. So etwas therapiert man nicht selbst. Wenn Du schon nicht zum Arzt gehen willst, geh wenigstens zur Apotheke. Bisou.“

Es stimmt, ich habe die ganze Nacht gehustet. Und es stimmt, ich will nicht zum Arzt gehen. Denn das letzte Mal, als ich meine Ärztin wegen eines Hustens konsultierte, hat sie mir Hustensaft verschrieben, das wars. Und den ich hab ich mir nun selbst besorgt, nehme ihn regelmäßig ein. Am Anfang hab ich noch Kopfschmerztabletten gegen die Erkältung genommen. Dazu trinke ich literweise Tee und versuche, so viel zu schlafen wie möglich. Mehr kann ich erstmal sowieso nicht machen, erfahrungsgemäß. Antibiotika zu nehmen, nach zwei Tagen Husten, steht völlig außer Frage.

„Geh doch trotzdem mal zum Arzt – es kostet doch nichts!“ hat meine Mitbewohnerin mir gestern eindringlich vorgeschlagen. Bei dem Gedanken daran schmerzt das Ökonomenherz in meiner Brust – ich denke an Krankenkassendefizite und Nachfrage in Höhe der Sättigungsmenge, weil der Preis gleich null ist.

Aber vor allem denke ich an die Tatsache, dass die Franzosen den Weltrekord im Medikamente-Schlucken halten und auch gerne mal zu Antibiotika greifen. Und das, obwohl man hier in Frankreich Arztbesuche etc. immer erst im Nachhinein von der Krankenkasse erstattet bekommt.

Die für mich natürliche Distanz zu Medikamenten scheint es in Frankreich nicht zu geben. Meine gute Freundin Marion hat mir schon vor einiger Zeit von diesem „tollen Medikament“ erzählt, das man nimmt, sobald man auch nur den Anflug einer Erkältung verspürt. Vier Tabletten pro Tag und die Erkältung bricht gar nicht erst aus.

Dass diese Einstellung eventuell kulturell bedingt sein könnte, kam mir erst neulich in den Sinn, als meine deutsche Freundin Romy meinte: „Ich nehme nicht so gerne Medikamente. Wenn ich erkältet bin, pack ich mich erstmal zwei, drei Tage ins Bett und trinke kannenweise Tee. Dann wird das schon wieder.“

Dennoch beschließe ich heute Morgen, den Rat meiner Mitbewohnerin zu befolgen – schließlich scheine ich sie ja die ganze Nacht wachgehalten zu haben. Doch viel tun kann die Apothekerin auch nicht für mich: Hustensaft will sie mir (nochmals) verkaufen, Kopfschmerztabletten gegen das Fieber und Halspastillen gegen die „Irritation in der Rachengegend“. Schließlich verlasse ich die Apotheke mit einer Packung Halsbonbons, für 6,95 Euro. Und fühle ich mich (leicht) veräppelt.

L.

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About Lisa (ich selbst)

Huhu! Ich bin Lisa. Seit 2005 wohne ich nun im schönen, kleinen Paris. Schön ist's hier, nette Leute gibt's und viele lustige Dinge passieren. Aber - lest doch einfach selbst... L.