Ich sach doch…
…die spinnen, die Franzosen!
Da war am 6. Januar „Épiphanie“, also Heilige-Drei-Könige-Tag. Und hier in France wird an diesem Fest (anders als in anderen Ländern, wo an dem Tag erst die Geschenke ausgeteilt werden) die sogenannte „Galette des Rois“ gegessen (bzw. die Franzosen haben diese Tradition anscheinend auf den 6. Januar + einen Monat ausgedehnt…).
Die Galette des Rois ist ein Blätterteigkuchen mit Mandelcreme gefüllt und irgendwo dadrin gibt es die „Fève“, was „Bohne“ heißt und alles sein kann – von Mickey Mouse bis zu Jesus in Miniatur. Derjenige der also plötzlich mit einem Krach auf die Fève beißt, ist der „Roi“, also der König, und bekommt die Krone, die bei jeder Galette des Rois im Preis inbegriffen ist.
Wahrscheinlich hat davon schon der eine oder andere Deutsche gehört, in Frankreich jedoch ist das ein richtiger WAAAAHN! So sehe ich seit gut ner Woche erwachsene Menschen mit goldenen Papierkronen auf der Straße, die stolz wie Oskar einherschreiten, denen gleichzeitig noch bewundernd (oder vielleicht mitleidig?) die Menschen neben ihnen auf die Schulter klopfen…
Und dabei bin ich sicher, dass die meisten Französken noch nichtmal richtig der Tradition folgen und ein Stück des Kuchens für den nächsten Armen aufheben, der ihren Weg kreuzt – es könnte ja sein, dass da die Fève drin ist und sie um ihre Krone gebracht werden…
L.
Die spinnen…
…die Franzköppe! Da ham se schonmal sowas Einzigartiges wie den Tour Eiffel (okay, vielleicht nicht ganz hübsch, aber immerhin einzigartig) und dann verunstalten sie ihn – und das auch noch zum Jahreswechsel.
„Spectaculaire : le sapin renversé
Un immense cône de lumière, de 20 mètres, sapin symbolique et graphique, sera suspendu tête en bas, entre les 2ème et 1er étages du monument.“ schreibt Mister Eiffelturm auf Homepage Eiffelturm am 31.12.2005. Da hängen die also kopfüber nen Leuchteweihnachtsbaum zwischen ersten und zweiten Stock des Metallgerüsts.
Da habt Ihr die Bescherung:
Aber nicht genug: „Une animation interactive pour divertir, désorienter, surprendre … le labyrinthe en mouvement
Sur la plate forme du 1er étage de la Tour, un labyrinthe au cœur d’une véritable forêt de sapins mise en lumière et sonorisée, offrira un parcours de 80 mètres en constante évolution.
La déambulation du public sera animée par des comédiens qui désorienteront les visiteurs en… modifiant le parcours !
L’ambiance sonore, ayant trait à la forêt et à la saison (bruits de pas dans la neige, craquements de branches, …) participera à la magie de la promenade.“ Unter dem Leuchteding aufm Kopf haben sie also ein Labyrinth aus Weihnachtsbäumen aufgebaut, und zwar bis zum 28. Januar. Und weils so lustig ist, gibts dann da irgendwelche lustigen Komiker, die ständig die Weihnachtsbäume verrücken und alle zum Lachen bringen (wobei ich mir schwer vorstellen kann, wie son kleiner französischer Komiker (die sehen doch bestimmt alle aus wie Louis de Funès) in aller Windeseile, ohne umzufallen, den Baum umzustoßen (und nebenbei einen der Besucher zu töten), diesen Baum mal eben so verrückt…).
Also, für alle Franzos, die es bis jetzt noch nicht verstanden haben: Erstens – Weihnachtsbäume hängt man nicht KOPFÜBER auf, dann fallen doch die Weihnachtskugeln ab! Zweitens – Weihnachten dauert genau bis zum 26. Dezember in unserem Breitengraden und wer nach der ersten Januarwoche noch immer seinen Tannenbaum hat, der ist UNCOOL (selbst meine sonst höchst uncoole Hausmeisterin hat inzwischen die Krippe und den Tannenbaum in unserer Lobby in die nächste Tonne befördert). Und drittens – als Erwachsener läuft man nicht mehr durch irgendwelche Labyrinthe und lacht sich tot, wenn der Weihnachtsbaum vor einem auf einmal von links nach rechts springt oder auf einen fällt!
Aber – bei den Franzosen muss man ja auf alles gefasst sein…:-)
L.
Im Notstand…
…sind wir kleine Studenten an der Sorbonne. Berühmte Uni hin oder her: am Kaffee- und Snackautomaten können se nix, die Sorbonner.
Da haben wir schon keine Caféteria (wie in Assass) und auch nur 4 Automaten (statt der 10 in Assass). Und seitdem ich nun an der kleinen Sorbonne studiere (also seit über drei Monaten), funktioniert immer nur einer der vier Automaten. EINE WOCHE lang hatte der Kalte-Getränke-Automat Unterstützung vom Kaffeeautomaten – aber auch nur, bis der angeblich mutwillig zerstört wurde (jedenfalls stand das da dran – ich glaube ja immer noch an eine simple Fehlbedienung angesichts dessen, was die Franzosen am Computer können, eben nix…).
Da mussten meine zwei Kommilitonen schon ihre eigene „bouffe“ mitbringen – bzw. das Essen vom guten, alten (leider nichtvegetarischen) KFC holen…
Wenigstens brennt seit heute das Licht im Snackautomaten, selbst wenns noch nix zu kaufen gibt. Alex hat das glaub ich noch nicht ganz verstanden…
L.
Aus den letzten Löchern…
…hab ich gestern gepfiffen bei der Randonnée, meiner kleinen Skatenight. Diesen komischen Virus, mit dem mich wohl Klein-Christina angesteckt hat, spür ich nämlich nach zwei Wochen immer noch.
Ja, und genau bei DIESER Rando meinen natürlich nur so ein paar Männekicken vorbeikommen zu müssen, so dass der ganze Haufen umso schneller durch Paris saust. Und bei der Pause hab ich mich dann bereits in mein kleines Bett zu Hause gewünscht, ne halbe Stunde später hab ich aufgegeben. So tot war ich, dass nix von meinem sonst viel zu großem Ehrgeiz und Stolz mehr zu spüren war. Da waren nur noch Bein-, Kopf- und Halsschmerzen…
Eine Dose Mitleid für mich? Zschhhh…
L.
Vom Glück verfolgt…
…bin ich auch im neuen Jahr: drei Monate lang bin ich im alten Jahr hinter diesem verfluchten Internetanbieter ohne Servicepoint hergelaufen und habe versucht, ihn erst durch nettes Nachfragen dann durch immer kräftigeres in den Hintern Treten zum mir ein neues Modem Schicken zu bringen. Wie gesagt, drei Monate und nun hat das Supermodem hier seinen Ehrenplatz. Und man kann sich nicht vorstellen, wie wertvoll mit einem Male das Internet wird, wenn man keinen Zugang dazu hatte (vor allem, wenn man eigentlich dauernd Internetrecherche für sein Studium hat machen sollen).
Wie auch immer, da hab ich jetzt Internet – seit etwa einer (Anwesenheits-)Woche und was passiert? Ich geh auf Myspace, eine für mich neue Internetplattform, und adde irgendeinen blöden, unbekannten Kontakt zu meiner Liste und – schwupps – ist es passiert: mein Computer streikt. Da hat sich doch glatt irgendein Würmchen auf meinem Lieblingsschlepptop (hab ja auch nur einen) eingenistet und legt mal eben so die Entertaste und linke Maustaste lahm. Hallo? Hab ich nicht 2006 schon genug Pech mit dieser blöden Technik gehabt?
Zum Glück passiert das mit dem Lahmlegen nicht den ganzen Tag über, sondern nur gelegentlich. Zwei Virenprogramme (Virusfighter und Antivir) hab ich schon drüberlaufen lassen, aber das Würmchen versteckt sich so gut in irgendnem elektronischen Schneckenhaus, dass es einfach nicht auffindbar ist, Frechheit! Und aus dem kommt es aber meist genau dann raus, wenn ich mich endlich mal aufraffe, einen dieser ja viel zu komplizierten Texte für mich einfaches Wesen zu lesen, die UNABDINGBAR für die SOFORT anstehenden Klausuren sind.
Da kann man wirklich nur noch sagen: viel Glück!
L.
Irgendwann ist immer das erste Mal…
…hat sich wohl mein kleiner Körper heute gedacht. Da hatte nämlich die kleine Janina, meine Jetzt-Schwägerin, mir angeboten, dass ich in die Zahnklinik komme, wo sie arbeitet. Nur nachgucken wollte sie gestern in meinem Trümmerhaufen-Mund, ob auch alles in Ordnung sei. Das war es tatsächlich bis auf eine Füllung, die halb herausgebrochen war (und es noch ist…). Also beschloss ich, wiederzukommen, und zwar heute.
Im Halbkoma erwachte ich gegen halb zehn (ich hatte bis halb zwei Uhr nachts gelernt und so ganz spurlos war das wohl nicht an mir vorbeigegangen), stand auf, machte mir Kaffee, lernte ein bisschen weiter. Gegen viertel vor elf fiel mir auf, dass ich noch nicht geduscht war, die Zähne nicht geputzt waren (wichtig beim Zahnarzt!) und ich außerdem etwa 30 Minuten Fußmarsch vor mir hatte. Gegen viertel nach elf (der Termin war um halb zwölf) fiel mir auf, ich würde in jedem Fall zu spät kommen und rief kurzerhand mein Bruderherz an, um ihn anzuflehen, dass er mich doch zu seiner Angetrauten in die Klinik bringen sollte – mit seinem heißen Schlitten…
Glücklicherweise war Frau Angetraute jedoch noch zu Hause und so konnte sie mich direkt mitnehmen, in die Klinik.
Ich hüpfte also los, Haare halb geföhnt und wild in alle Richtungen stehend, Zahnbürste im Mund (zuhause war ich nicht fertig geworden) und leicht hektisch, da ja leicht zu spät. Trotz der Schmach in die ich als rothaariges, hüpfendes Wuschel-Etwas mit Zahnbürste im Mund nun meine Eltern bis ans Lebensende gestoßen hatte, öffnete mir Janina am Treffpunkt angekommen bereitwillig die Tür und chauffierte mich zu ihrer kleinen Klinik.
Dort angekommen verlief auch alles wie am Schnürchen – zunächst jedenfalls. Sie zog ihren Kittel an (verleiht ja schon Autorität, son Kittel…) und ich machte mirs bequem auf dem Zahnarztstuhl. Nachdem wir festgestellt hatten, ich komme nach meinem Bruder (ich bin genauson Angsthase was Schmerzen anbetrifft wie er), beschlossen wir – ohne Spritze gehts nicht!
Madame zückte also die Nadel, piekste in meinem Mund herum (nachdem sie mir gesagt hatte, ich sollte schön die Zunge zur Seite halten…was allein mir schon ein mulmiges Gefühl gab) und zog die Spritze unverrichteter Dinge wieder aus meinem Mund: „Da hab ich wohl ein Gefäß getroffen“, sagte Janina und ich sah nur das Blut vorne an der Nadel, spürte ihren Finger in meinem Mund, der die Wunde zudrückte, und vor meinem inneren Auge erschien ein Riesenblutstrahl, die sich den Weg an ihrem Finger vorbei in meinen Mund bahnte…
Routine sei das, meinte sie nur. Doch als sie zum zweiten Mal mit der Nadel in meinem Mund rumfuhrwerkte, war ich deutlich angespannter, versuchte mich selber zu beruhigen, jedoch ohne Erfolg.
So drehten sich gerade alle um, suchten nach dem Bohrer, als ich nur meinte „Janina, mir ist nicht so gut.“ und „Bin gleich weg“, was ich denn auch war. Entschwunden in die schönste Blumenwelt, einen Dornröschenschlaf, der jedoch jäh nach ein paar Sekunden wieder unterbrochen wurde. Stimmen waren zu mir durchgedrungen, ich fragte mich, was die wohl von mir wollten, bis ich Janina erblickte, die mir die Wange tätschelte und alle anderen auf der Station, die auch um mich rum standen.
Während meiner drei Sekunden Ohnmacht hatte wohl der Bär gesteppt auf der kleinen, verlassenen Station im obersten Stockwerk der Zahnklinik – eine war losgerannt, hatte den Notkoffer geholt, eine andere sollte den Arzt holen, die dritte legte mir ein nasses Tuch auf die Stirn. Was ich nicht mitgekriegt hatte war mein halb-epileptischer Anfall, also das Zusammenkrampfen meines Körpers während meines Blackouts – Janina hätte sich bei meinem Anblick gleich neben mich legen können, sagte sie später.
„Das ist mir noch nie passiert“, und meine kleine Schwägerin schaute mich mit großen Augen an. „Meine erste Ohnmacht war es auch“ sagte ich dazu und fügte hinzu: „Naja, wenn das so angenehm ist, kann Sterben ja nicht so schlimm sein.“
Daraufhin guckte Janina mich mit noch größeren Kulleraugen an und meinte nur: „Na, Lisa, damit warten wir aber noch ein bisserl!“ „Ja.“ sagte ich grinsend, „versprochen.“
L.
Die Coolness meiner Eltern…
….hab ich jetzt an Weihnachten entdeckt – man lernt ja schließlich nie aus. Deswegen lass ich Euch jetzt an meiner neuen Erkenntnis teilhaben.
Und natürlich ist das Ganze höchst authentisch – auch wenn ich sie dazu zwingen musste, die Brillen aufzusetzten und mein Papa nur meinte: „Wenn de das jemandem zeigst, denkt der bestimmt: ja habt ihr denn NUR Bekloppte in der Familie…?“ (Wobei ich da allerdings nochmal ein ernstes Wörtchen mit meinem Herrn Vater reden muss – was meinte er denn mir NUR !!??? Ich fühle mich nicht angesprochen…)
Aber – urteilt einfach selbst.
L.
Von ganz wichtigen Leuten…
…war ich auf der Rückfahrt nach Deutschland umgeben. Und das wurde in dem Moment klar, als die strohblonde Frau und der dunkelhaarige Wurzelzwerg (wobei das nicht diskriminierend gemeint ist – ich HABE nichts gegen Wurzelzwerge!) sich an meinen Tisch im Thalys gesellten.
Gesellen kann man das aber vielleicht auch nicht direkt nennen, denn ohne auch nur guten Tag zu sagen, fingen sie gleich an, über die neuesten Nachrichten zu sprechen, über den Kosovo, die EU und darüber, wie sie neulich im Auto mit den Leuten von Burda (dem Verlag) gefachsimpelt hatten.
Wo man die zwei einordnen durfte, wurde schließlich klar, als Madame zum Telefon griff und Richard anrief. Vorher hatte sie über Richards Text über europäische Entwicklungshilfe gebrütet, hier und dort etwas angestrichen und ab und zu mal einen intellenten Kommentar gegenüber Wurzi gemacht. Als Richard schließlich an sein Telefon ging, sagte Madame: „Hallo Richard, hier ist die Annette – von der Welthungerhilfe…“
Journalistisch gesehen hätte ich vielleicht eingreifen sollen und versuchen sollen, mir ne neue Connection zu verschaffen, aber angesichts Annettes und Wurzis gar nicht willkommen heißender Art fühlte ich mich dazu nicht sehr ermutigt, dachte mir sogar: „Da sterb ich lieber arm und unbekannt als denen die Stiefel zu lecken…“
Aber diese negative Einstellung kam vielleicht auch von der Tatsache, dass ich immer noch kränkelte (auch jetzt noch), tausend Tonnen Gepäch dabei hatte und gar nicht in Plauderlaune war. So hörte ich also stillschweigend hinter meiner Zeitung dem unglaublich intellenten Gespräch dieser unglaublich intellenten Leute zu und hoffte nur, nicht auch so zu werden…
Der Kulturschock kam dann auf dem Kölner Bahnhof – ich stürzte aus deutsch-französischer Highsociety in die gute, alte Ruhrpott-Gesellschaft: schon auf dem Bahnsteig kamen mir 5 gleichaussehende Menschen (sollte wohl ne Familie sein) mit Currywurst inner Hand entgegen. Als ich in den Zug stieg wurde ich von drei in rot gekleideten Kölle-Fussball-Fans begrüßt (die natürlich über das letzte Spiel fachsimpelten) und als ich mich setzte, nahm gegenüber von mir eine junge Frau in Plateauschuhen Platz und packte die Bildzeitung aus.
Willkommen zu Hause, dachte ich da nur…
L.
Die Welt in Watte…
…erlebe ich seit drei Tagen: ich bin nämlich krank, liege mit Grippe im Bett, wenn ich mich nicht grade zu einem der unausweichlichen Unikurse schleppe…
Dabei höre ich nur die Hälfte von dem, was sich in meinem Umfeld tut. Meine Kommilitonen müssen lauter sprechen, um zu mir durchzudringen, ich setze mich sogar in die erste Reihe, um etwas vom Kurs mitzubekommen.
Da könnte man ja meinen, ich wäre auch ungestörter beim Schlafen…? Aber nein, meine Bulldozer-italienischen Nachbarn von oben sind so laut wie eh und je (und dabei sind sie doch eigentlich ganz klein, niedlich und nett…) und halten mich vom Schlafen ab. Wenigstens ist mein Mitwohni im Moment nicht da, kommt erst im Januar wieder und wirft mich so nicht jedes Mal aus dem Bett, wenn er durch mein Zimmer tapert.
Kann nicht einer von Euch vorbeikommen und mir Tee kochen, Geschichten vorlesen und Gute-Nacht-Lieder singen (vorausgesetzt er hat ne schöne Stimme, sonst lieber ne CD spielen bitte…) ? Find ich supi, dass Ihr für mich da seid, wenn ich Euch brauche…;-)
L.
Den großen Daniel Kaufmann…
…hab ich heute erlebt – bei der Konferenz „Measuring Institutions and Law“ im Conseil d’État, gleich gegenüber vom Louvre.
Dahin war ich eigentlich nur durch Zufall gekommen, und zwar weil meine Profs meinten, das würde mir für meine Masterarbeit helfen. Und reingelassen hat mich der ach so freundliche Organisator auch nur mit der Bemerkung „Na gut, aber setzen Sie sich ganz hinten in die Ecke“ – fehlte nur noch, dass er sagt „Und wagen Sie bloß nicht, zu atmen!“.
Das mit der Ecke war nicht ganz möglich, da die Tische im Hufeisen angeordnet waren. Und geatmet hab ich auch, ja, sogar mit den anderen Teilnehmern der Konferenz geredet, die – im Gegensatz zu Monsieur – auch alle sehr nett zu mir waren.So lauschte ich also gestern schon voller Spannung Menschen von der OECD, der Weltbank, dem Weltwirtschaftsforum und dem französischen Finanzministerium. Sogar einer Videokonferenz nach Washington mit dem Team von doingbusiness wohnte ich bei und war fröhlich, in den Pausen mit Amerikanern, Engländern, Italienern und Spaniern plauschen zu können (natürlich alles Größen in ihrem Forschungsgebiet im Gegensatz zu mir Furz-Studentin…).
In regelmäßigen Abständen sorgte Monsieur Organisator natürlich trotzdem für den kleinen Wehrmutstropfen – zum Beispiel als er auf dem Weg zurück von der Videokonferenz meinte: „Wo ist denn die Studentin von der Sorbonne?“ und als er mich gefunden hatte „Gehen Sie mal runter und passen Sie auf, dass keiner in der Tür stecken bleibt.“ Das tat ich natürlich mit Vergnügen (den Drang, ihm eine zu schallern, unterdrückte ich schnell), um jedoch unten angekommen festzustellen, dass bereits drei seiner Lakaien die Tür überwachten (was mir irgendwie das Gefühl gab, er wolle mich so weit wie möglich von den anderen Gästen entfernen…auf jeden Fall aber so oft wie möglich klar machen, wer hier die Peitsche in der Hand hat).
Beirren ließ ich mich davon jedoch nicht, quatschte weiterhin mit der kleinen, lustigen australischen Richterin zu meiner Linken oder dem Prof aus Barcelona mit dem akzentfreien Englisch zu meiner Rechten.
Heute Nachmittag schließlich erreichte die Konferenz ihren Höhenpunkt: Daniel Kaufmann sollte seinen Vortrag halten – ja genau, DER Daniel Kaufmann mit seinem Governance Matters, der bis jetzt DAS System zum Messen der Institutionen in einem Land erschaffen hat.
Unter Lobeshymnen des Chairmans betrat er das Podium, man merkte förmlich, wie alle Anwesenden an seinen Lippen hingen – ich rechnete jede Minute damit, dass sich die Superökonomen um mich herum in der Mitte auf den Boden knien und dem großen, ökonomischen Allah schweigend die Gebetsehre erwiesen…
Dies passierte jedoch nicht und trocken ergriff Mister Kaufmann das Wort. Gar nicht zu Kopf gestiegen war ihm die ganze Aufmerksamkeit, nein, während seines Vortrags stellte er kurz seine Indikatoren vor und ging dann sofort dazu über, sie zu kritisieren. „Keinesfalls perfekt“ seien die 6 Messmethoden und offen für Anregungen sei er. Wieder einmal ein Beispiel dafür, dass, wer wirklch was kann, es nicht nötig hat, damit anzugeben…
Sokrates hätte dazu gesagt: „Ich weiß, das ich nichts weiß.“
L.