Heißblütige Latinos…

…haben sich am Wochenende in der Marie des Lilas in Paris das Ja-Wort gegeben. Ihre wildgewordene Familie hatten sie mitgebracht und – ach ja, ich war auch dabei…

Circa 15 Gäste hatten sich vor dem Rathaus eingefunden, um die kleine Mexikanerin Teresa und ihren spanisch-marokkanischen Carlos in die Ehe zu begleiten. Lateinamerikaner oder Spanier waren deswegen die Mehrheit der Gäste – die deutsche Delegation zählte mit mir genau eine Teilnehmerin, die französische 3 Teilnehmer.

Wie im Hühnerhaufen kam ich mir vor, als all die Latinos sich umarmten, lachten, die neuesten Schoten von zuhause erzählten. Und so vertieft waren sie darin, dass sie fast die (Hoch-)Zeit zu vergessen schienen. Erst als der diskrete Beamte des Rathauses zur Schiebetür herauskam und uns kurz zunickte, setzten sich die Ersten unseres Latinotrupps in Bewegung. Durch die Tür ging es, in die Halle hinein, dann kam die Gesellschaft zum Stopp. Wild plappernd betrachteten sie Deko, ausliegende Flyer und achteten nicht wirklich auf den ungeduldig winkenden Beamten, der schon halb die Treppe hochgelaufen war.

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Die kleine Mexikanerin bei ihrer französischen Trauung…

Teresa war die Erste, die schließlich die flehentlichen Blicke des Mannes erhörte und die Treppe hochhüpfte. Langsam trabten wir anderen hinterher. Oben angekommen ging es weiter in den Hochzeitssaal, wo die Traubeamtin schon wartete. Wir ließen uns nieder auf den samtüberzogenen Stühlen, waren bereit für die Feierlichkeit des Tages und – sahen die Beamtin durch die Tür entschwinden. Erst fünf Minuten später wurden wir aus unserer Verdutztheit gerissen und sahen eine zweite Beamtin mit der Ersten zur Tür hineinschweben.

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Diese nahm auch sofort das Zepter in die Hand, sprach über die magische Zahl 7 (die Trauung fand ja am 07.07.2007 statt) und las Teile von Napoléons Code Civil vor. Teresa und Carlos sagten beide brav „Oui!“, knutschten sich und steckten die Eheringe an die Finger. Sie unterschrieben noch schnell die Eheurkunden und schon war der Drop gelutscht.

Dann übernahm die Familie das Ruder. Während die zwei Beamtinnen verdutzt zuschauten, packten Nichte, Neffe und beste Freundin klein Teresa an den Händen und veranstalteten erstmal einen Ringeltanz, mitten im Hochzeitssaal der Mairie des Lilas. Der Rest der Anwesenden klatschte melodisch in die Hände und jubelte dazu. Danach fielen sich alle gegenseitig in die Arme, lachten und vergossen nebenbei die eine oder andere Träne.

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Die Latinos beim Ringeltanz im Hochzeitssaal…

Zwanzig Minuten später mussten wir raus, aus dem Hochzeitssaal – das nächste Paar wartete unten. So trabten wir in Richtung Heimat der frisch Vermählten, tanzten und tranken dort weiter. Abends ging es in „Le Moulin Vert“ (Die grüne Mühle), ein kleines, schickes Restaurant im 15ten Arrondissement.

Müde schienen sie noch lange nicht, die wilden Latinos um mich herum. Alle zehn Minuten fingen sie an, laut auf den Tisch zu trommeln und sangen „Que se besen, que se besen…“ – bis das Hochzeitspaar sich wirklich küsste. Um gleich weiterzusingen: „En la boca, en la boca, en la boca…“ – bis Teresa und Carlos sich auf den Mund küssten. Und schließlich: „Con la lengua, con la lengua..“ – bis die zwei sich einen Zungenkuss gaben. Das wechselten die Latinos ab mit anderen spanischen Gesängen und kurzen Flamenco-Tanzeinlagen.

Den Spaß, den wir dabei hatten, schienen nicht alle in dem kleinen, schicken Restaurant zu teilen und nach einer halben Stunde stand auf einmal der Restaurant-Manager an unserem Tisch und meinte: „Un poco más flojo, vale?“ (Ein bisschen leiser, okay?)

Anstatt beschämt in ihren Sitzen zusammenzusinken, kommentierten Nichte und Neffe sofort: „La próxima fiesta – en España!“ (Die nächste Feier – in Spanien!) und ließen trotzdem noch den einen oder anderen kleinen Heuler ab. Und plötzlich kamen da Heuler aus anderen Ecken des Restaurants: Angesteckt durch die spanische Wildheit fingen immer mehr französische Gäste an, zu singen und zu klatschen. Und ermutigt durch die positive Rückmeldung wurde auch mein Tisch wieder lauter. Der krönende Abschluss des Abends war schließlich Nelly: eine mexikanische Schulpsychologin, die gerade mit ihrem Künstlergatten durch Europa reiste. Und der brachte sie dazu, uns zwei traditionelle, mexikanische Lieder vorzusingen – halb in Zapoteco (einer der mexikanischen Ureinwohner-Sprachen), halb in Spanisch.

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Der mexikanische Maler mit seiner Gesangs-Perle…

Das halbe Restaurant hörte dabei zu und selbst die Kellner schienen bei ihrem glockenhellen Gesang in ferne Gefilde zu entschweben. Und der Manager, der sagte nix mehr.

L.

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About Lisa (ich selbst)

Huhu! Ich bin Lisa. Seit 2005 wohne ich nun im schönen, kleinen Paris. Schön ist's hier, nette Leute gibt's und viele lustige Dinge passieren. Aber - lest doch einfach selbst... L.