…finden manche in Paris ja sehr schwierig. Das kann ich von mir nicht behaupten.
Leicht verschlafen laufe ich über den Metro-Bahnsteig. Es ist kalt in Paris und seit Tagen ist meine Nase verstopft. Deswegen macht es mir an diesem Morgen auch nichts aus, auf einem der orangenen Plastiksitze Platz zu nehmen. Gegen den unangenehmen Geruch, der sie gewöhnlich umweht, bin ich heute ja schließlich immun.
„Hey“, krächzt es da von links. Mein Kopf über meinem dicken Wollschal dreht sich in Richtung des Sitzes neben mir. „How are you?“, sagt von dort ein dunkelhaariger Mitt-Dreißiger und grinst mich an. Die halben Zähne in seinem Mund sind ganz schwarz von ich-weiß-nicht-was-und-will-es-auch-gar-nicht-wissen.
„Mir geht’s gut“, sage ich auf Englisch und lächele höflich zurück.
„Ich kann Dich riechen“, sagt er und – oh, nein – grinst wieder.
„Hmm“, nicke ich nur und nehme es mal als Kompliment.
„Was machst Du beruflich?“, fragt es da wieder von links.
Ich antworte, dass ich Journalistin bin. „Und was machst Du?“ frage ich zurück. Ich zeige auf den Gitarrenkasten neben ihm auf dem Boden und frage: „Bist Du Musiker?“
„Äh, darüber kann ich nicht sprechen“, flüstert er. Und dann: „Ich bin nur ein paar Wochen hier, auf einer Mission…“ Dann guckt er schnell nach links und rechts über den Bahnsteig. Als ob ihn jemand beschatten würde. Ich folge seinem Blick zu einem Teenager, der leicht entnervt auf seinem Smart-Phone herumdrückt. Am anderen Ende des Bahnsteigs stützt sich eine Oma auf ihren Stock.
„Ich bin aus den USA“, fügt er hinzu. Dann greift er in den Trolley-Koffer zu seinen Füßen und holt eine 0,5-Liter-Bierdose heraus. Sie zischt leise, als er sie öffnet. Er nimmt einen Schluck und setzt die Dose auf dem Boden ab. Dann zündet er sich eine Zigarette an.
„Aber Gitarre spielst Du doch auch“, bohre ich nach, nun neugierig geworden. Vor uns fährt quietschend die Metro in die Haltestelle ein.
Der junge Mann ringt einige Sekunden mit einer Antwort. Ich stehe auf und laufe langsam auf die sich öffnenden Türen zu. Da wird er ganz hektisch und ruft: „Kann ich mitkommen? Kannst Du kurz warten?“ Und zeigt auf seine Zigarette.
„Nee“, meine ich, „ich muss doch zur Arbeit.“ Dann hüpfe ich in die Metro. Als die Bahn abfährt, lächele ich ihm kurz zu. Er winkt zum Abschied.
L.